Bremen, 02.10.2023. In Bremen gibt es bisher zu wenig Risikokapital für Start-up-Gründer – das soll sich ändern. Genügend Investoren sind eigentlich da, die in ihre Taschen greifen wollen, wie zwei Banken berichten.
Warum haben Sie sich entschlossen, gemeinsam einen Risikokapitalfonds aufzulegen? Das ist für Bremen ein Novum. Es geht um echte Beteiligungen bei Start-up-Gründungen.
Ralf Stapp: Schon seit längerer Zeit gibt es die Idee für eine solche Partnerschaft. Wir haben uns im vergangenen Jahr dann zusammengesetzt, um konkret über einen solchen Fonds zu sprechen – und es gab den Impuls seitens des Wirtschaftsressorts. Wir senden ein starkes Signal nach außen, dass wir den Fonds gemeinsam auflegen.
Klaus Windheuser: Als ich zum Einstand bei der Sparkasse Bremen unter anderem auch Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt (Linke) getroffen habe, sind wir gleich auf das Thema Start-up-Szene gekommen, dass in dem Bereich definitiv etwas passieren muss. Wir haben uns damit beschäftigt und gesehen: Es fehlt an Bremer Risikokapital.
Die BAB ist für diese besonders wertvollen Gründungen unter anderem Ansprechpartner. Haben Sie in Ihrem Alltag schon öfter erlebt, dass eine solche Beteiligung den Start-ups fehlt, wie sie bei Ihrem Venture-Capital-Fonds vorgesehen ist?
Ralf Stapp: Start-ups schauen wirklich hin: Wo ist das Kapital? An anderen Hotspots gibt es solche Fonds bereits. Start-ups aus Bremen sind deshalb schon in andere Städte gewechselt. Es gibt hier zwar viele Angebote für Gründer, wir haben aber eine Lücke bei der Finanzierung gesehen, wenn es um höhere Beteiligungen oder in späteren Phasen geht. Das müssen wir abdecken. Es ist jetzt ein guter Zeitpunkt: Die Politik unterstützt das Vorhaben parteiübergreifend, wir haben eine Wirtschaftssenatorin, die das Thema Start-ups sehr stark voranbringt, und unser Netzwerk ist um viele Partner gewachsen.
Wie stark investieren Sie als Sparkasse heute schon in Start-ups?
Klaus Windheuser: Wir haben ein Programm speziell für die Gründungsphase. Dabei begleiten wir Start-ups aus Bremen. Die ersten beiden Runden sind gelaufen. Ich würde schon selbstbewusst sagen, dass wir als Sparkasse Bremen auch die Bank für Start-ups und Existenzgründer sind. Viele Wettbewerber haben das nicht in ihrem Kundenfokus, denn es ist auch mit Risiko verbunden. Wir sehen uns als Partner der Gründer. Wir sind ja auch Marktführer.
Im Moment sind die Zeiten für die Wirtschaft herausfordernd. Start-ups bekommen weniger Geld. Beobachten Sie das auch?
Ralf Stapp: Wir haben einige Beteiligungen bei der BAB, wo die Gründer weiteres Kapital benötigen. Die Investoren sind ein Stück weit vorsichtiger unterwegs. Aufgrund der Zinsen gibt es inzwischen Anlagealternativen. Wir haben eine gesamtwirtschaftliche Situation, wo sich Start-ups vielleicht nicht so entwickeln wie in anderen Phasen. Im Moment erleben wir viele Krisen zugleich. Darum sehen wir es als besonders wichtig an, den Venture-Capital-Fonds jetzt aufzulegen.
Klaus Windheuser: Die Unternehmen sind trotz der Krisen weiter bestrebt, Start-ups zu unterstützen, weil sie deren Innovationskraft brauchen. Wir stecken in einer großen Transformation durch die Digitalisierung und den Klimawandel. Es fehlen zunehmend Fachkräfte. Auch angesichts dieser Herausforderungen wollen die Unternehmen, dass das Start-up-Ökosystem lebt. In den nächsten zwei Dekaden wird daraus ganz viel entstehen.
Das Kapital und die Bereitschaft sind also weiter da? Für den Fonds wollen Sie ja Investoren gewinnen.
Klaus Windheuser: Genau. Wir haben schon mit Unternehmen über die Idee gesprochen. Und die Resonanz ist durchweg positiv. Alle sind sich einig: Der Standort braucht das! Wenn wir heute etwas für die Start-up-Welt tun, schaffen wir damit für morgen tolle neue Geschäftsmodelle für Bremen.
Warum geben Sie das Fondsmanagement ab? Damit haben Sie die Investitionen nicht mehr selbst in der Hand.
Klaus Windheuser: Das ist relativ einfach. Das Geld soll natürlich nicht verbrannt werden, sondern für die Investoren Rendite erzielen. Um das sicherzustellen, muss man ein professionelles Fondsmanagement haben, was von den Partikularinteressen Einzelner losgelöst ist – ob von den Banken, Unternehmen oder der Politik.
Das heißt: Sie halten sich dabei...
Klaus Windheuser: ...komplett raus.
Von Ihnen kommt nur das Geld.
Klaus Windheuser: Ja. Wir müssen uns raushalten, damit das fliegt.
Ralf Stapp: Die Unternehmer haben eine hohe Motivation, einen bremischen Fonds zu unterstützen. Ihre Verbundenheit zum Standort ist groß. Das ist ein Pfund! Die Aussicht auf Rendite ist daneben ein wesentlicher Punkt.
Insgesamt geht es um 30 Millionen Euro. Das Geld ist nötig, weil weitere Start-ups Bremen verlassen, wenn es fehlt?
Ralf Stapp: Wir wollen Gründer nicht nur halten, sondern auch nach Bremen holen: Wenn ein Start-up aus München im Bereich Luft- und Raumfahrt innovativ ist, dann kann das für die Industrie hier interessant sein. Wir haben eine schöne Stadt und können dann in Zukunft sagen: Hier findet ihr alles – und nun auch Kapital für euer Wachstum.
Wer soll das Geld bekommen? Um welche Branchen geht es?
Ralf Stapp: Es sollte bei den Start-ups Innovationskraft vorhanden sein und eine Skalierbarkeit des Geschäfts. Das zeichnet Start-ups aus. Wir sind ansonsten branchenoffen.
Klaus Windheuser: Aus meiner Sicht ist auch wichtig: Wir wollen uns vor allem in den Kernclustern Bremens bewegen. Wir wollen beispielsweise Luft- und Raumfahrt, Logistik, Ernährung und künstliche Intelligenz bedienen – und alles nach Bremen holen!
Wie viel Geld gibt es maximal?
Klaus Windheuser: Wir streben 15 bis 20 Investments an, die bis zu drei Millionen Euro bekommen.
Und wie viel Risiko steckt bei Ihnen drin? Sie werden jeweils zehn Millionen Euro investieren.
Klaus Windheuser: Diese Diskussion haben wir auch in unseren Aufsichtsgremien geführt. Das ist natürlich Risikokapital, das ist keine Staatsanleihe. Es ist aber mit hinreichender Wahrscheinlichkeit sichergestellt, dass es eine Rendite abwirft durch das professionelle Fondsmanagement.
Ralf Stapp: Ein Risiko ist es auch, dass Start-ups in Bremen kein Geld fürs Wachstum finden. Das ist ja derzeit das Dilemma.
Klaus Windheuser: Es entsteht nichts, ohne ein Risiko einzugehen – das gilt auch fürs Kreditgeschäft. Hier befinden wir uns nur in einer höheren Risikokategorie, um tolle neue Unternehmen für Bremen zu unterstützen. Die Fondsmanager verdienen übrigens nur, wenn die Sache erfolgreich ist, sonst gibt es allein eine Erstattung der Kosten.
Wie viel Rendite erwarten Sie?
Klaus Windheuser: Wir streben über die Laufzeit von zehn Jahren eine Verdreifachung des Einsatzes an.
Die Gremien von BAB und Sparkasse haben der Sache zugestimmt. Wie geht es weiter?
Ralf Stapp: Wir beauftragen jetzt das Fondsmanagement. Ein ganz wichtiger Punkt ist dann, die privaten Investoren zu gewinnen. Wir haben diverse Gespräche geführt. Es haben mich nach Ihrem Artikel direkt Family Offices angerufen: Wir sind ja wohl dabei! Ab einem Volumen von 500.000 Euro kann man in der Regel einsteigen. Anfang des nächsten Jahres soll es losgehen.
Haben sich schon Gründer gemeldet?
Klaus Windheuser: Es gibt schon Start-ups, die darauf warten.
Abdruck aus dem Weser Kurier vom 02.10.2023. Ein Interview von und mit Lisa Schröder.