Wie Arcade-Hallen dank „Planet Arcade“ aus Bremen nach Deutschland zurückkehren
WirtschaftsförderungVideospiele, Virtual Reality und Familienspaß, gefördert von der BAB – Die Förderbank
Die eine kennt Arcade-Hallen noch aus den 80er Jahren, der andere nur aus Filmen oder Urlauben. Mit „Planet Arcade“ bringt eine Bremer Schausteller:innen den Familienspaß nach 40 Jahren zurück – dank viel Engagement und eines Kniffs.
Blaues Meer, antike Stätten, warmer Sand, Calamari, Eis und brennende Sonne – Kindheitserinnerungen an Griechenland-Urlaube, bei denen für einige heute Mittdreißiger und -vierziger ein entscheidendes Detail fehlt: die Arcadehalle um die Ecke. Mit ihrer lauten Synthesizer-Musik, den aufregenden Games und dem Betteln um Taschengeld von den Eltern für die hungrigen Videospielautomaten. Das meistens dann schneller dahinschmolz als das Eis in der Sommersonne.
„Arcade-Halle“, ein Wort, das wohlig-nostalgische Gefühle weckt – meistens verbunden mit Urlauben in verschiedenen europäischen Ländern. Denn Mitte der Achtziger fielen die Spielstätten in Deutschland wegen ihrer Glücksspiele unter das verschärfte Jugendschutzgesetz und waren nur noch ab 18 Jahren zugänglich. Im Zuge dessen verschwanden viele der Hallen und fanden sich für viele Deutsche nunmehr als Ikonen der Popkultur vor allem in Filmen und Serien wie „TRON“ oder „Wreck it Ralph“ wieder.
Die Rückkehr der Arcade-Hallen
Ein Abgesang? Mitnichten – denn Bremer Schaustellenden ist es zu verdanken, dass Arcade-Hallen in Deutschland ihr Comeback feiern könnten. Anja Manke ist eine der vier Gründer:innen von „Planet Arcade“ und gehört selbst in dritter Generation zur Manke-Schaustellerfamilie, die viele Bremerinnen und Bremer vor allem für die Eiskonditorei Manke und Sohn mit dem beliebten “Eis wie Sahne“ auf dem Freimarkt kennen.
Für uns schließt sie Deutschlands erste neue Arcade-Halle seit der Jahrtausendwende – im Einkaufszentrum Waterfront Bremen – schon ein wenig früher auf als zur üblichen Mittagszeit. Mit einem Dreh am Hauptschalter weckt sie nach und nach 52 Videospielautomaten, Geschicklichkeits- und Reaktionsspiele aus ihrem nächtlichen Schlaf.
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Eine Szene, wie sie aus einem Hollywood-Film stammen könnte: Bunte Lichter flammen auf, schnelle Beats vermischen sich mit Synthesizer-Klängen, es brummt, piepst und summt, alles schreit nach Aufmerksamkeit. Dazu ein süßlicher Kaugummigeruch, der an die eigene Kindheit erinnert. „Das ist Absicht“, verrät die Gründerin und zeigt an die Decke, „wir versprühen den Duft, um Gefühle und Assoziationen zu wecken. Unsere Nase kann für starke Emotionen sorgen. Duft-Design nennt sich das.“
Von Mario bis Pac-Man
Eine Idee, die das Team aus England mitgebracht hat. Dort gibt es nach wie vor öffentliche Arcade-Hallen und von dort stammen auch die meisten der Spielgeräte, die jetzt in Bremen stehen. „Wir haben uns lange angeschaut, was gut läuft, was die Kids spannend finden und das dann importiert“, erklärt sie. Denn abseits aller Nostalgie sollen die Geräte auch die jüngste Generation begeistern.
Dafür sorgen etwa modernste Virtual-Reality-Spiele, bei denen man mit einem Headset in einem Achterbahnwagen sitzt und eine digitale Achterbahn hinunterjagt. Aber auch die Klassiker dürfen nicht fehlen: Pac-Man auf einer riesigen Leinwand, Mario Kart zu viert gegeneinander, Air Hockey oder Basketball-Wurfanlagen wie von der Kirmes. Bis zu 250 Gäste kommen am Tag, die meisten zwischen 16 und 35 Jahren alt. „Aber wir haben auch Spiele für Kinder und eine Ecke für die ganz Kleinen“, erzählt Manke. Spaß für die ganze Familie eben.
Mit einem Kniff Neues geschaffen
Aber wie schafft „Planet Arcade“ es, dem Schicksal der 80er-Jahre-Hallen zu entkommen? „Bei uns gibt es kein Glücksspiel“, macht die Inhaberin klar. Während bei früheren Arcade-Automaten der Punktestand im Videospiel darüber entschied, wie viele Gewinnmarken der Automat ausspuckte, gibt es heute für jedes Spiel die gleiche Anzahl Punkte. „Die Punkte kann man dann bei uns am Tresen eintauschen: Spielzeug, Stofftiere, Merchandise. Sie sind eine nette Dreingabe zum Spielespaß, aber sie hängen nicht damit zusammen, wie gut oder schlecht man spielt. Somit haben wir kein Glücksspiel und können auch Kinder und Jugendliche hereinlassen.“
Und niemand werde gezwungen zu spielen – wer einfach nur seinen Freundinnen und Freunden beim Daddeln zuschauen möchte, ist herzlich willkommen, Eintritt frei. Und auf noch zwei Unterscheidungsmerkmale zu früheren Spielhallen legt Manke Wert: Sauberkeit und Qualität. „Wir bieten ein hochwertiges Umfeld, in dem sich Familien wohlfühlen können und achten daher sehr auf Sicherheit, Sauberkeit und Funktionalität“, so die Schaustellerin, die sich heute vor allem um Buchhaltung und Controlling im neuen Unternehmen kümmert.
Expansion mit Unterstützung aus Bremen
Ein Konzept, das in Bremen so gut läuft, dass das Vierer-Gründungsteam schon an Expansion denkt. In Stuttgart soll in Kürze ein zweiter Standort entstehen. „Wir können uns die Flächen quasi aussuchen, mit unserem Konzept rennen wir den Mall-Betreibenden offene Türen ein“, weiß Manke zu berichten. Leerstände machen Einkaufszentren in ganz Deutschland zu schaffen, der Internethandel verdrängt den klassischen Ladenbummel. Malls wollen deshalb künftig auf mehr Erlebnisangebote setzen – wie etwa Arcade-Hallen.
Hätte Manke diese Geschichten vor drei Jahren gehört, sie hätte wohl lachend abgewunken: Im Juni 2021 öffnete die Bremer Arcade erstmals ihre Tore, direkt nach dem zweiten Lockdown, mit damals noch sehr strengen Besucher- und Testregeln. Maschinen, Raum und weitere Ausstattung waren schon vor der Corona-Pandemie angeschafft worden. Jetzt blieben Kundinnen und Kunden aus, die Mitarbeitenden sahen sich nach neuen Gelegenheiten um, nur die Mieten, die liefen weiter. Eine schwere Zeit für die Gründerinnen und Gründer, durch die vor allem staatliche Hilfsmaßnahmen und viel Zuversicht halfen.
Und letztlich auch die BAB – Die Förderbank für Bremen und Bremerhaven. „Planet Arcade“ erhielt eine Förderung im Landesinvestitionsprogramm, kurz LIP. Mit dem Geld können Unternehmen zinsgünstige Darlehen erhalten für Investitionen in Immobilien, Betriebsmittel, Innovationen und Ausstattung. Sie senken so ihre Geschäftsrisiken. „Die BAB war und ist ein hervorragender Partner. Die Berater:innen haben sich in unsere Lage hineinversetzt und mit uns gemeinsam den optimalen Weg gefunden. Wir würden es jetzt wieder machen, ohne den Kredit wäre es nicht möglich gewesen“, sagt Manke heute.
Derzeit beschäftigt die Bremer Arcade-Halle rund 14 Personen, von Minijober:innen bis hin zu Vollzeitkräften, sie ist von mittags bis abends um acht Uhr geöffnet. „Ich bin schon sehr stolz auf das Projekt“, zieht Manke Resümee. Dass sie nach vielen Jahrzehnten auf Jahrmärkten und Volksfesten nun ganz klassische Schreibtisch-Aufgaben wahrnimmt, stört die Schaustellerin nicht. „Wenn es mich reizt, kann ich mich jederzeit an die Kasse eines Fahrgeschäfts setzen, dieser Teil meiner Lebensgeschichte ist ja nicht weg. Aber ein bisschen mehr Ruhe, das hat auch etwas“, sagt sie schmunzelnd und mit Blick auf die blinkenden, piepsenden, dröhnenden und nach Kaugummi duftenden Räume. Es ist 12 Uhr, die ersten Kinder stehen bereits mit leuchtenden Augen vor der Tür – Zeit, für eine neue Generation Nostalgie zu erschaffen, made in Bremen.
Erfolgsgeschichten
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