12.7.2023 - Jann Raveling

Präzision am Boden und in der Luft

Investitionsförderung

Optoprecision wendet sich neuem Geschäftsfeld zu: Drohnen- und KI-Systeme

Dr. Martin Nägele
Unternehmensgründer Dr. Martin Nägele © Optoprecision

Geht nicht? Geht noch nicht! Der Bremer Unternehmensinhaber der Optoprecision-Gruppe, Dr. Martin Nägele, lebt für die Herausforderung. Mit seinem Team baut er derzeit eine Drohne für die harsche Nordsee. Und geht damit neue Wege. Mit Unterstützung der BAB hat das Unternehmen jetzt sein Wirkungsfeld vergrößert.

Ein Blick in die nahe Zukunft: An einem kalten und trübem Herbstmorgen erhebt sich surrend eine Drohne über dem Flugplatz Oldenburg-Hatten, dreht in Richtung Norden und steuert gen Nordsee. Dort kommt sie vormittags an, umpeitscht von Böen über der offenen See. In 150 Metern Höhe beginnt sie, den Seeraum zu überwachen, hält mit Sensoren zum Beispiel nach Umweltverschmutzungen Ausschau. Mehrere Stunden kreist sie so eigenständig über dem Meer, bevor sie den Heimweg antritt.

Ein Szenario, das schon bald Wirklichkeit werden könnte. Das Projekt „U-Space Reallabor Nord-Westdeutschland und Deutsche Bucht“ legt derzeit den Grundstein zur autonomen Überwachung des Nordseeraums.

Drohne in der Luft
Die ROCHEN VT-4-Drohne soll schon bald über der Nordsee kreisen. © Optoprecision

Drohne für die harsche Nordsee-Umgebung entwickelt

Auf Hardware-Seite steht im Zentrum des Forschungsprojekts mit seinen mittlerweile 130 Partnerinnen und Partnern aus Wissenschaft und Wirtschaft die „ROCHEN VT-4“-Drohne. Sie wird in Bremen entwickelt, unter anderem bei der OptoPrecision GmbH. Mit ihren vier Metern Spannweite besticht sie vor allem durch die kräftige Flügelform, im Gegensatz zu den grazilen Flügeln anderer Beobachtungsdrohnen.

„So kann sie sich auch bei starkem Wind sicher in der Luft halten – Drohnen für diese Anwendungszwecke gibt es bisher kaum“, sagt Inhaber Dr. Martin Nägele. Neben Drohnen für die Seeraumüberwachung arbeitet das Unternehmen gerade auch an weiteren Fluggeräten, zum Beispiel für die Landwirtschaft. Sie sollen etwa aus der Luft Pflanzenkrankheiten mit einer Präzision von wenigen Quadratmillimetern erkennen können.

Manufakturarbeit im High-Tech-Bereich

Präzision – dieses Schlagwort zieht sich durch die gesamte Unternehmensgruppe. Am Firmenstandort in Bremen Horn-Lehe beherbergt sie drei Unternehmen unter einem gemeinsamen Dach – OptoPrecision, OptoPrecision Airborne Systems und Nägele Feinwerktechnik.

Sowohl im optischen Bereich als auch bei der Arbeit mit Faserverbundwerkstoffen (CFK, GFK) liefert das Unternehmen Messtechnik. Produkte und Dienstleistungen stellen sie zudem für die Heißzonenüberwachung oder zerstörungsfreie Prüftechnik her.

Die Einsatzzwecke der Optoprecision-Produkte sind somit breit. Ein Beispiel ist etwa die Bundespolizei, die das Multi-Sensorsystem „MODAR“ (Motion-Stabilised Optical Detecting And Ranging) einsetzt, um damit von Schiffen aus Meere und Häfen zu jeder Tageszeit zu überwachen.

Schiff
Auf Schiffen der deutschen Bundespolizei/Küstenwache ist das MODAR-System im Einsatz, hier zentral im Bild auf dem Dach des Schiffes © Optoprecision

Der Ausflug in die Drohnentechnik ist dabei eine noch junge Entwicklung der 1996 gegründeten Unternehmensgruppe. Aber keineswegs untypisch: „Ich probiere gerne neue Dinge aus, mich reizt die Herausforderung“, erklärt Physiker Nägele die breite Palette an Fertigungstechniken und Branchen.

Die Gruppe versteht sich vor allem als Spezialdienstleisterin. Nur selten produziert Optoprecision in großer Stückzahl, meist exklusiv für einen oder wenige Kundinnen und Kunden. „Wir versuchen unsere verschiedenen Fertigkeiten bei jedem Projekt einzubringen. So wie jetzt im U-Space-Projekt, wo wir unser Wissen um Sensorsysteme mit der Drohnentechnik verbinden“, erklärt der passionierte Tüftler, der das Projekt gemeinsam mit Harald Rossol vom Bremer IT-Dienstleister b.r.m. business resource management initiiert hat.

Mit neuem Gebäude für die Zukunft aufgestellt

Rund 60 Mitarbeitende kümmern sich parallel um mehrere komplexe Forschungs- und Fertigungsprojekte, viele von ihnen neuerdings im wachsenden KI-Bereich. So ist es auch kein Wunder, dass sich Nägele 2019 entschied, den bisherigen Bremer Firmenstandort zu erweitern – neben einer neuen Fertigungshalle um zwei Bürogeschosse, in denen an KI-Technologien geforscht wird. Denn sie sind das Kernstück von robotischen Drohnen, egal ob an Land oder zur See. „Es war für uns ein Wagnis, in die Fachkräfte, aber natürlich auch in den neuen Bürotrakt zu investieren. Der Markt für autonome Systeme ist gigantisch und bisher kaum erschlossen. Wir wollen vorne mitspielen. Auch aus diesem Grund haben wir das Projekt U-Space mit initiiert, es soll sowohl technische als auch rechtliche Grundlagen für autonome Drohnensysteme legen“, blickt er in die Zukunft.

Rund 2,4 Millionen Euro investierte der Bremer in das insgesamt viergeschossige Gebäude. Mitfinanziert wurde das Projekt von der BAB – Die Förderbank für Bremen und Bremerhaven. Sie gewährte ein Darlehen im Rahmen des Landesinvestitionsförderprogramms (LIP). Es zielt darauf ab, die finanziellen Risiken von kleinen und mittleren Unternehmen bei Investitionen zu minimieren.

Physiker Nägele schätzt die Zusammenarbeit mit der Förderbank: „Wir kooperieren schon seit vielen Jahren. Die öffentliche Förderung durch das Land Bremen über die BAB ist ein Standortfaktor. Wir können schnell und unkompliziert Anträge stellen, die Wege sind kurz. Das gibt es in anderen Ländern und Städten so nicht. In Bremen weiß man schnell, mit wem man sprechen muss, um Dinge voranzubringen.“

Gebäude von Optoprecision
Links im Bild das neue Firmengebäude © Optoprecision

Fachkräftestandort Bremen ermöglicht Projekte

Auch in anderer Hinsicht fühlt er sich in Bremen am richtigen Platz. Seit 1991 lebt der gebürtige Süddeutsche in der Hansestadt, arbeitete erst in der Wissenschaft, bevor er sich selbstständig machte. Diese Verbindung ist bis heute relevant: „Einerseits arbeiten wir in Forschungsprojekten eng mit der Wissenschaft zusammen. Verbundforschung ist Teil unserer Firmenkultur. Andererseits kommen viele unserer Fachkräfte direkt von Hochschulen, Universitäten und Instituten. Wir können auf diese Weise einfacher Personal rekrutieren als viele andere Unternehmen. Das ist ein Vorteil für uns.“

Ein Grund, warum dem Unternehmen der starke Fokus auf das Thema Softwareentwicklung für Drohnen in kurzer Zeit gelang. „Sie ist das Herzstück unserer Technik und wird in Zukunft immer relevanter, denn ohne intelligente Software nützt die beste Hardware nichts. Und wir können beides verbinden.“

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