GreenBoats oder die Revolution im konventionellen Kunststoffbootsbau
WirtschaftsförderungEine kleine Bremer Werft setzt erfolgreich auf Flachs und Kork
Friedrich Deimann ist im Ruhrgebiet aufgewachsen. Das Meer hunderte Kilometer entfernt. Dennoch wusste der 32-Jährige schon als Kind, dass Wasser und Boote sein Lebensthema werden. Der Onkel nahm ihn früh mit auf Segeltouren. Bootsbauer wollte er werden und den gebürtigen Bochumer verschlug es dafür in den Norden. Sein Ziel: Eine eigene Werft.
Seit 2009 tüftelte Deimann bereits an einer Material-Alternative zum bisherigen Standard im Kunststoffbootsbau. Seine zentrale Fragestellung war, wie man die fossilen Rohstoffe vermeiden kann, ohne beispielsweise bei wesentlichen Komponenten wie Form und Beständigkeit Abstriche machen zu müssen. Deimann forschte und experimentierte, ließ sich parallel zum Boots- und Schiffbaumeister ausbilden. Sein Meisterstück: Ein Boot aus nachwachsenden Rohstoffen. 2013 gründete Friedrich Deimann seine Werft GreenBoats, die erste nachhaltig orientierte Bootswerft in Deutschland. Sie entwickelt und baut neben Motorbooten und Yachten auch Kanus oder Kites.
Stark wie Glasfaser
„Das Material lässt sich wie Kunststoff verarbeiten, ist aber CO2-neutral und hat dennoch die gleichen Eigenschaften“, sagt der Bootsexperte. Sein Basisrohstoff ist Flachs von französischen und belgischen Flachsbauern. Hinzu kommen Kork und Harze mit pflanzlichen Ölen. In der Kombination sei das bisher einzigartig. „Zudem gibt es keine Formbeschränkung, keine Nachteile bei der Dauerhaftigkeit und die Fertigung ist auch ein identischer Prozess“, erläutert Deimann. Die Festigkeitswerte seien mit der Leichtbauweise wie bei modernen glasfaserverstärkten Kunststoff-Yachten vergleichbar. Das für die Fertigung benötigte Holz bezieht die Werft aus heimischen Wäldern. Die Vorteile liegen quasi auf der Hand und doch braucht man Kunden, die an das Produkt glauben und den Weg der Nachhaltigkeit mitgehen wollen.
Sein Aushängeschild: Die Acht-Meter-Yacht „Bente“. „Ein richtig edles Holzboot“, schwärmt Friedrich Deimann - und auch die Bootsbranche staunte nicht schlecht auf der Düsseldorfer Bootsmesse, auf der der junge Bootsbaumeister das nachhaltige Segelschiff präsentierte. Bauen können er und sein dreiköpfiges Team alles, betont er. Die Grenzen liegen derzeit häufig noch im finanziellen Rahmen. Ein Auftraggeber muss gewillt sein, für ein nachhaltiges Boot momentan noch tiefer in die Tasche zu greifen. „Für die acht Meter lange Yacht liegen allein die Materialkosten bei 50.000 Euro“, rechnet Friedrich Deimann vor. Dennoch ist er überzeugt, dass sich nachhaltige Materialien und innovative Fertigungstechniken durchsetzen werden.
Wegweisend für industrielle Produktion
Seine Materialinnovation hat er nicht nur stetig optimiert, er hat sie auch auf Herz und Nieren prüfen lassen. Im Bionik-Institut an der Hochschule Bremen wurde mit Zug- und Biegeversuchen die Beständigkeit des Materials getestet und bestätigt. Längst ist die Ressourcen schonende Materialkombination nicht mehr nur für den Bootsbau interessant. Auch andere Branchen wie beispielsweise der Automobilbau haben das Produkt entdeckt. Für Bremens Umweltsenator und Schirmherr des „Bremer Umweltpreises“ hat Friedrich Deimann einen Werkstoff entwickelt, der wegweisend in industriellen Produktionsprozessen werden kann. Für das Land Bremen ein echtes Aushängeschild, so der Politiker.
Mit unserem Material haben wir ein einzigartiges Produkt geschaffen.
Preis für Leuchtturmprojekt
Friedrich J. Deimann will etwas im Bootsbau bewegen und auch für diese Branche beweisen, dass Nachhaltigkeit und gutes Design sich nicht ausschließen. Die publikumsstarke Bootsmesse in Düsseldorf oder aber auch die Preisverleihung des „Bremer Umweltpreises“ vor gut 300 Gästen sind für ihn Multiplikatoren. „GreenBoats ist mit dieser Materialentwicklung ein Leuchtturmprojekt mit echtem Innovationspotenzial gelungen, das weit über den Bootsbau hinausgeht“, ist sich Ralf Stapp, Geschäftsführer der BAB - Die Förderbank für Bremen und Bremerhaven, sicher.
Die BAB engagiert sich mit Förderprogrammen für Unternehmen im Umweltschutz und lobt seit einigen Jahren den mit 10.000 Euro dotierten Bremer Umweltpreis aus. Für Friedrich Deimann ist die Auszeichnung nicht nur eine Anerkennung der bisherigen Arbeit, der Preis ermöglicht ihm auch ganz praktische Fortschritte für seine Werft. Das Preisgeld wird in eine Plattenpresse investiert. Eine Investition, mit der er den Naturfaserbootsbau weiter vorantreiben und als Alternative zum Kunststoff etablieren kann.
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