17.5.2024 - Vanessa Roth

Wie können sich Unternehmen fit für 2035 machen?!

Nachhaltigkeit

Unter Nutzung nachhaltiger Roh- und Werkstoffe können Unternehmen ihre betrieblichen Klimaschutzziele erreichen

Ein Windrad in einer weiten Berg-Landschaft
© Pixabay

Unter dem Motto „Fit für 2035?“ organisierte die BAB – Die Förderbank eine Veranstaltung, die sich an Unternehmen in Bremen und Bremerhaven richtete, die sich über die aktuellen Trends und Erkenntnisse rund ums Thema nachhaltiger Roh- und Werkstoffe und deren Einfluss auf Klimaziele, informieren wollten.

Denn die Klimapolitik zieht auch Unternehmen in den kommenden Jahren immer mehr in die Pflicht, ihren Beitrag zur Klimaneutralität zu leisten. Doch was bedeutet das genau? Unternehmen müssen innovativ werden und ihre Produkte sowie Produktionswege und Prozesse auf den Prüfstand stellen. Wie können sie ihre Emissionen minimieren? Welche Rohstoffe können eingesetzt werden? Dies sind sicherlich nur einige Fragen, die es zu beantworten gilt. Es gilt frühzeitig den Transformationsprozess einzuleiten und einen Weg zu finden.

Ein Kernthema im Rahmen dieser Transformation ist sicherlich der Austausch von fossilen Roh- und Werkstoffen in Produktionen, Prozessen und Produkten hin zu nachwachsenden, nachhaltig einsetzbaren Rohstoffen. Denn heutzutage werden noch in vielen Bereichen des täglichen Lebens und der Industrie fossile Rohstoffe wie zum Beispiel Braun- und Steinkohle, aber auch Erdöl und Erdgas verwendet – oder besser gesagt zur Energiegewinnung verbrannt: Denn sie sind mitunter noch die aktuellsten Energiequellen für Verkehr, Wärme, chemische Industrie oder die Stromversorgung. Dem gegenüber steht der steigende Einsatz von nachhaltigen Energiequellen wie zum Beispiel Windenergie, Solar oder Wasserstoff. Dennoch gibt es für die Unternehmen noch viel zu tun, denn diese neuen Energiequellen müssen erst einmal Einzug in die Produktion, in das Produkt oder den Prozess erhalten.

Im Rahmen der Veranstaltung freuten wir uns, einen tiefen Einblick in die Erfahrung der bremischen Unternehmen zu bekommen und besser zu verstehen, warum es jetzt Zeit ist, den Schritt zur Transformation einzuleiten. Wie die BAB dabei unterstützen konnte, wurde ebenfalls während der Veranstaltung aufgezeigt, denn eines ist klar: Das passende Förderprogramm gibt es bereits am Markt.

Verständlich ist auch, dass Unternehmen noch nicht vollends in die neue Ausrichtung eingestiegen sind, da die fossilen Brennstoffe im ersten Moment auch klare Vorteile aufweisen: Sie haben eine besonders hohe Energiedichte – sie können also eine große Menge Energie in einem verhältnismäßig kleinen Raum speichern und stehen aktuell in einer großen Menge zur Verfügung. Insbesondere gilt dies wohl für Kohle und Erdgas, wenngleich bekannt ist, dass diese Rohstoffe endlich sind und die Reserven zumindest mittelfristig aufgebraucht sein werden. Ganz logisch ist daher auch, dass auf der anderen Seite das Verbrennen fossiler Rohstoffe nicht gut ist, denn es setzt, egal für welchen Anwendungsfall, große Mengen Treibhausgase frei und ist hauptverantwortlich für die globale Erderwärmung. Aus diesem Grund ist es wichtig, Alternativen für Kohle, Öl oder Gas zu finden und in die Prozesse einzubinden. Nur so können Unternehmen ihren Beitrag zum Klimawandel leisten.

Und genau das passiert bereits seit einiger Zeit: Unternehmen spezialisieren sich darauf, fossile Rohstoffe durch nachhaltige zu ersetzen und sie in Prozesse einzuschleusen. Einen Einblick gaben die Gäste am 3. Juni bei der Veranstaltung "Fit für 2035?! Unternehmen und ihre betrieblichen Klimaschutzziele unter Nutzung nachhaltiger Roh- und Werkstoffe", die unter anderem von ihren Erfahrungen berichteten:

In seiner Keynote hat Michael Carus, Diplom Physiker und Managing Direcor der nova-Institut GmbH aus Köln einen Schwerpunkt auf die Erneuerbare Kohlenstoffwirtschaft gesetzt. Das nova-Institut ist ein privates, unabhängiges Forschungsinstitut, welches 1994 gegründet wurde. Nova bietet Forschung und Beratung mit Schwerpunkt auf den Übergang der Chemie- und Materialindustrie zu erneuerbarem Kohlenstoff. Das Institut bietet sein einzigartiges Wissen an, um den Übergang Ihres Unternehmens in eine klimaneutrale Zukunft zu unterstützen. Die bio-basierte Wirtschaft ist der Hauptbereich der Arbeit von Michael Carus. Die Entscheidung, sich ganz auf die industrielle stoffliche Nutzung von Biomasse zu konzentrieren, hat er früh getroffen. Diese ist nämlich in der Chemie- und Kunststoffindustrie unverzichtbar, auch wenn es inzwischen zusätzliche Optionen gibt: Die direkte Nutzung von CO2 und auch das Recycling als erneuerbare Kohlenstoffquellen. Nur alle drei zusammen, Biomasse (Biosphäre), CO2 (Atmos-, Bio- und Technosphäre) und Recycling (Technosphäre), können den fossilen Kohlenstoff aus der Geosphäre komplett ersetzen.

Michael Carus
Michael Carus, Diplom Physiker, Managing Director, nova-Institut GmbH © nova-Institut GmbH
Das Team der ProPure – Protect GmbH
Lothar Sause ist Geschäftsführer der ProPure – Protect GmbH. © ProPure – Protect GmbH

Als Bremer Unternehmer hat Lothar Sause in der ProPure - Protect GmbH einen Ansatz gefunden, nachhaltiges Desinfektionsmittel zu produzieren. Denn was in der Lebensmittelsicherheit und der Hygiene Anwendung findet, bringt durchaus auch seine Schattenseiten mit sich. Übliche Desinfektionsmittel setzen auf starke Chemikalien und so erfolgen Medienberichten zufolge Unfälle mit Desinfektionsmittel. Dem wollte Lothar Sause auf den Grund gehen und herausfinden, ob es Pflanzen gibt, aus denen sich ein nachhaltiges, vergleichbares Mittel herstellen lässt. Einen Einblick in das Forschungsprojekt und die Geschäftsidee gibt es hier. Und auch auf der Veranstaltung am 3. Juni hat Lothar Sause seine Erfahrungen, Herausforderungen und Highlights teilen. 

Im Rahmen eines interdisziplinären Forschungsprojekts untersuchen das Leibniz-Institut für Werkstofforientierte Technologien – IWT und die Hochschule Bremen derzeit die Entwicklung umweltfreundlicher, wasserbasierter, biologisch abbaubarer und technisch geeigneter Hydraulikflüssigkeiten auf Basis von nachwachsenden Rohstoffen. Neben der Anwendung in mobilen technischen Anlagen ist die Anwendung in der Lebensmittelindustrie ein weiteres mögliches Einsatzgebiet, welches jedoch eine Zulassung nach Lebensmittelrecht erfordert. Mit dem Projekt könnte ein nachhaltiger Schmierstoff entwickelt werden, der zum einen CO2-neutral und zum anderen schneller abbaubar und somit weniger umweltgefährdend ist. In der Veranstaltung durften Interessierte gespannt auf die bisherigen Erkenntnisse und Fortschritte sein.

Auch im Verpackungsmarkt zeigt sich das zunehmende Interesse an natürlichen ressourcenschonenden Materialien, die biologisch nachwachsende Rohstoffe verwenden und zur Reduzierung der CO2-Bilanz beitragen. So hat sich die BÜHNEN GmbH & Co. KG dazu entschieden, ihre Produktpalette neben Niedrigtemperatur-Schmelzklebstoffen um biobasierte Schmelzklebstoffe zu erweitern. Neben den Rohstoffen spielt auch die Verarbeitungs- und Applikationstemperatur eine entscheidende Rolle. Bei niedrigtemperaturigen Klebstoffen ist weniger Energie erforderlich, um die Prozesswärme zu erzeugen und somit sinken folglich die CO2-Emissionen. Ein Einblick in die Herangehensweise hat es am 3. Juni gegeben.

Jan Hunke
Jan Hunke, geschäftsführender Gesellschafter bei BÜHNEN © BÜHNEN GmbH & Co. KG
Friedrich J. Deimann
Friedrich J. Deimann, Geschäftsführer der GREENBOATS GmbH © GREENBOATS GmbH

Bereits 2017 konnte die GREENBOATS GmbH beim Bremer Umweltpreis mit ihrem Vorhaben überzeugen. Seitdem setzt sich die Erfolgsgeschichte des einstigen Startups fort. Die Bremer Werft setzte bereits vor acht Jahren auch nachwachsende Rohstoffe ein und baute so die Segelyacht „GreenBente24“. Dieser Prototyp bestand aus Flachs, Kork und Epoxidharz auf Leinölbasis. Inzwischen existiert mit dem „FLAX27 Daysailer“ ein etwas größeres Nachfolgemodell, welches zu 80 Prozent aus natürlichen und recycelten Materialien besteht und mit einem E-Motor angetrieben wird. Seitdem verfolgen sie das Ziel, nachhaltige Faserverbundstoffe wettbewerbsfähig zu machen. Ob und wie das gelingt, erklärte Friedrich J. Deimann am 3. Juni. Wer vorab schon einmal stöbern möchte, findet hier einen Einblick in das Projekt.

Die Veranstaltung "Fit für 2035?! Unternehmen und ihre betrieblichen Klimaschutzziele unter Nutzung nachhaltiger Roh- und Werkstoffe" am 3. Juni versprach einen tiefgehenden Einblick in einen der wichtigsten Transformationsprozesse für Unternehmen im Land Bremen, aber auch darüber hinaus. Denn zu einer nachhaltigen Rohstoffversorgung gehört eine langfristige Stabilität und Bezahlbarkeit. Hier bieten nachwachsende Rohstoffe, die weltweit und natürlich auch in Deutschland dauerhaft gewonnen werden können, grundsätzlich die nachhaltigere Perspektive.

Fit für 2035 – Warum eigentlich? Erste Städte in Deutschland haben bereits beschlossen, bis dorthin klimaneutral zu sein. Dies gelingt jedoch nur, wenn Industrie und Politik Hand in Hand laufen und Unternehmen eine förderfähige Perspektive geboten wird. Neue Projekte zur Eliminierung von fossilen Brennstoffen sind elementar wichtig. Auch in Bremen ist dies bereits erkennbar. Denn es gibt eine Vielzahl von Unternehmen und Projekten, die sich mit dem Thema auseinandersetzen und Ideen entwerfen, nachwachsende Rohstoffe in ihre Produkte, Prozesse oder Produktion zu integrieren. Mit den Förderprogrammen AUF und PFAU der BAB lassen sich solche Vorhaben idealerweise fördern und vorantreiben.

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