26.9.2019 - Jann Raveling

Mit künstlicher Intelligenz und Lasern Pflanzen züchten

Wirtschaftsförderung
Bock Bio Science leistet Pionierarbeit in der Pflanzenzucht der Zukunft.
Bock Bio Science leistet Pionierarbeit in der Pflanzenzucht der Zukunft. © Bock Bio Science
Der Bremer Umweltpreis 2019 geht an Bock Bio Science GmbH. Das Bremer Familienunternehmen überzeugte mit seinem richtungsweisenden Robotersystem für die Pflanzenvermehrung und freut sich jetzt über 10.000 Euro Preisgeld, gestiftet von der BAB − Die Förderbank für Bremen und Bremerhaven.
Es klingt wie Science Fiction, ist aber Realität: Ein Roboter, der vollautomatisch per Laser Ableger und Sprösslinge von Pflanzen abschneidet, sie sortiert und in Nährboden einpflanzt, damit sie dort wachsen können. Eine Minifabrik für Sprösslinge vom Fließband – so lässt sich das „RoboCut“-System von Bock Bio Science in wenigen Worten beschreiben. Was es so besonders macht, dafür benötigt es ein paar Erklärungen mehr:

Die Pflanze aus dem Reagenzglas

Landwirtschaft ist heute eine hochautomatisierte Industrie. Ein Teil der Pflanzen wird klassisch ausgesät, um bis zur Ernte auf dem Feld zu wachsen. Nutzpflanzen wie Kartoffeln oder Zuckerrohr oder Obstgewächse wie Blaubeeren oder Ananas entstehen heute zunehmend im Labor, bevor sie auf dem Feld zur Reife gebracht werden.Man spricht hier von „vegetativer Vermehrung“ – Ableger, Sprösslinge oder Stecklinge, die von erwachsenen Pflanzen abgetrennt und großgezogen werden. Aus einer Mutter-Pflanze entstehen so gleich mehrere neue und identische Gewächse.

Lange Transportwege für Pflanzenklone

Ein Milliardengeschäft. Das bisher vor allem in Niedriglohnländern stattfindet. Denn diese Ableger (auch Klone genannt) zu produzieren ist heute eine aufwendige und damit teure Handarbeit, die bisher noch keine Maschine übernehmen konnte.Hier kommt der RoboCut ins Spiel, eine Eigenentwicklung des Bremer Pflanzenzüchters Bock Bio Science. Die Maschine ist eine vollautomatische Produktionszelle, vollgepackt mit modernster Technik: Automatische 3D-Bilderkennungsalgorithmen und eine künstliche Intelligenz scannen die Mutterpflanze und suchen die idealen Trennstellen, ein Laser schneidet Ableger, eine Roboterpinzette verpflanzt diese in Nährboden.Und das Schlag auf Schlag: 600 Pflanzen in der Stunde oder rund eine Million pro Jahr schafft der Roboter.

Empfohlener redaktioneller Inhalt
Wenn Sie auf "Youtube aktivieren" klicken, werden die Inhalte von Youtube geladen und Daten von Ihnen an Youtube übermittelt. Der Dienstleister befindet sich in den USA. Für die USA besteht kein angemessenes Datenschutzniveau. Sofern Sie keine Datenübermittlung wünschen, klicken Sie bitte nicht den Button. Weitere Informationen finden Sie in unserer Datenschutzinformation.
Leider ist beim laden des externen Inhalts etwas schiefgelaufen.

Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Allen Widerständen zum Trotz

„Was wir geschafft haben, galt bisher als unmöglich“, sagt Stephan von Rundstedt, Geschäftsführender Gesellschafter von Bock Bio Science stolz. Acht Jahre lang tüftelte das Bremer Familienunternehmen an Prototypen, setzte auf gerade in Entstehung befindliche Technologien wie Deep Neural Networks. Jetzt geht es auf die Zielgerade: Im November 2019 soll die erste Serienmaschine vom Band laufen, die beim niedersächsischen Maschinenbauer DMP in Auftragsfertigung entsteht.

Umweltfreundlich und lokal Pflanzen züchten

„Der Roboter ermöglicht es uns erstmals, wirtschaftlich in Industrieländern zu produzieren“, erklärt von Rundstedt. Das spart zugleich CO2-Emissionen sowie Pestizide. CO2-Emissionen, weil Setzlinge nicht länger per Flugzeug aus Niedriglohnländern zurück in die Industrieländer transportiert werden müssen, um dort angebaut zu werden. Und Pestizide, weil die Maschine absolut steril arbeitet und so die Übertragung von Krankheiten verhindern kann. Das ergibt widerstandfähigere Pflanzen.Auch bei der Corporate Social Responsibility, dem ethisch und ökologisch korrekten Wirtschaften, hilft das neue System: „Endkunden legen beim Einkauf zunehmend Wert auf Nachhaltigkeit. Dank der Effizienz von RoboCut verlegen wir die Produktion nach Deutschland und können so nachhaltige Wirtschaftswege und faire Produktionsbedingungen garantieren“, so Rundstedt.

Preiswürdige Technologie

Eine ideale Kombination und darum auch ein würdiger Preisträger des Bremer Umweltpreis 2019. Dieser Meinung ist auch Ralf Stapp, Geschäftsführer der BAB − Die Förderbank für Bremen und Bremerhaven, welche den Wettbewerb ausrichtet: „Bei Bock Bio Science gehen Ökologie und Ökonomie Hand in Hand. RoboCut ist ein innovativer Ansatz made in Bremen, der zeigt, wie nachhaltiges Wirtschaften, Innovation und unternehmerischer Erfolg eng miteinander verknüpft werden können.“Der Bremer Umweltpreis unterstützt Unternehmen im nachhaltigen Wirtschaften und will zugleich die Wettbewerbsfähigkeit der Region steigern. Seit 2003 wird unter der Schirmherrschaft des Bremer Umweltressorts der Preis und in Kooperation mit dem Netzwerk Umwelt Unternehmen verliehen.

Die von Bock Bio Science entwickelte Technologie ist höchst innovativ und erfreut sich großen Interesses im gesamten Markt.
Die von Bock Bio Science entwickelte Technologie ist höchst innovativ und erfreut sich großen Interesses im gesamten Markt. © Bock Bio Science

Die Bremer Senatorin für Klimaschutz und Umwelt Dr. Maike Schaefer zeigte sich bei der Preisverleihung begeistert vom Erfindergeist des Unternehmens: „Bock Bio Science ist es gelungen, eine technische Innovation zu entwickeln, deren Umweltwirkung als zukunftsweisend für die Bioökonomie bewertet werden kann. Das hat überregionale Signalwirkung!“

Neues Geschäftsmodell dank Automatisierungstechnik

Mit dem neuen Robotersystem betritt Bock Bio Science auch unternehmerisch neue Pfade. Denn bisher ist es vor allem als Züchter und Vermehrer bekannt, spezialisiert auf Orchideen, Heidel- und Goji-Beeren, Kirsch- und Apfelbäume oder Christrosen.„In Gesprächen mit Kunden und Mitbewerbern haben wir gemerkt, dass unser System im ganzen Markt auf großes Interesse stößt“, so Inhaberin und Leiterin der Forschung, Friederike von Rundstedt. Heute reisen sie um die ganze Welt, um das Interesse an RoboCut zu bedienen. Das Unternehmen baut sich mit dem Robotersystem ein neues Standbein, wird vom Pflanzenproduzenten zum Automatisierungsanbieter.

Innovation made in Bremen

Bei der insgesamt rund 10 Millionen Euro teuren Entwicklung vertraute das Geschäftsführer-Ehepaar auf Unterstützung aus Bremen. Darlehen und Zuschüsse der BAB sowie eine Beteiligung der nwu nordwest Unternehmensbeteiligungsgesellschaft der Sparkasse Bremen mbH stellten während der achtjährigen Entwicklungszeit die Finanzierung sicher. „Bremen hat ein ideales Klima, um Innovationen umzusetzen, gerade als Mittelständler. Dazu gehört die Unterstützung von Finanzierungspartnern aber auch wissenschaftliches Know-how der Universität Bremen“, so Friederike von Rundstedt. Neben fünf eigenen Automatisierungsingenieuren arbeitet Bock Bio Science eng mit dem Institut für Automatisierungstechnik IAT zusammen.Mit der projektierten Serienreife des Roboters Ende 2019 freuen sich die von Rundstedts und die mittlerweile 36 Angestellten nun auf ein neues Kapitel in der Geschichte des Familienunternehmens – die mit Garantie eine Erfolgsstory wird.

Mehr Informationen zum Bremer Umweltpreis: https://www.bab-bremen.de/aktuelles/bremer-umweltpreis.html

Kontakt zum Unternehmen: info@bockbioscience.com

Mehr über den Bremer Umweltpreis bei Björn Jantzen, bjoern.jantzen@bab-bremen.de oder https://www.bab-bremen.de/aktuelles/bremer-umweltpreis.html

Erfolgsgeschichten


Wirtschaftsförderung
02.07.2024
Von unterbrechungsfreier Power und Gestensteuerung in Flugzeugen

Stromversorgung die reibungslos funktioniert? Gestensteuerung bei Flugzeugen? Damit beschäftigt sich die AES GmbH in ihren zwei Forschungsprojekten.

ZUM ARTIKEL
Wirtschaftsförderung
19.06.2024
Hauttherapie für die eigenen vier Wände

Die Phototherapie gilt als günstige und gut verträgliche Behandlung für Menschen, die unter chronischen Hautproblemen wie Schuppenflechte oder Neurodermitis leiden. Damit diese jedoch Erfolg zeigt, müssen die Patientinnen und Patienten über einen langen Zeitraum regelmäßig eine Arztpraxis aufsuchen. Das muss doch auch von Zuhause aus funktionieren, dachte sich Jan Elsner, Gründer des Bremer Startups Skinuvita, und hat gemeinsam mit seinem Team ein Softwaresystem entwickelt, mit dem Betroffene die Therapie zuhause nutzen können. Damit gewann er 2024 sogar den Bremer Gründungspreis.

Zum Artikel
Pressemitteilung
21.05.2024
Investments in Start-ups aus und für Bremen: Erster Risikokapitalfonds an der Weser geht an den Start

Bremen hat schon einige spannende Start-ups hervorgebracht. Auf der Suche nach einer Wachstumsfinanzierung von professionell geführten Risikokapitalfonds wurden sie in der Vergangenheit nur außerhalb Bremens fündig. Dies ändert sich nun, denn das Investmentunternehmen Capnamic hat jetzt das First Closing des ersten Bremer Venture Capital-Fonds für Risikokapital umgesetzt.

Zur Pressemitteilung