Bilanz 2020: Förderbank im Corona-Dauereinsatz
WirtschaftsförderungInterview mit Ralf Stapp und Kai Sander
Ralf Stapp und Kai Sander, die beiden Geschäftsführer der Bremer Förderbank BAB, blicken auf ein besonderes Jahr zurück, in dem die Corona-Krise das alles bestimmende Thema war. Und auch abseits davon gab es für die Förderbank viel zu tun, denn investiert, saniert und gegründet wurde in Bremen und Bremerhaven auch in der Corona-Krise. Im Interview geben die Förderbank-Chefs nähere Einblicke.
Herr Stapp und Herr Sander, wie haben Sie das Jahr 2020 bei der BAB erlebt? Es war vermutlich nicht Business as usal?
Ralf Stapp: Nein, 2020 war ein besonderes und intensives Jahr für uns. Natürlich war es ganz klar durch Corona geprägt. Viele Unternehmen wurden hart durch die Corona-Krise getroffen. In solchen Momenten schlägt die Zeit der Förderbanken. Förderbanken sind ja genau dazu da, um die Auswirkungen von Krisen für die Wirtschaft abzumildern. Wir hatten daher mit der Umsetzung der Corona-Hilfsprogramme, die das Land und der Bund seit Frühjahr 2020 aufgelegt haben, viel zu tun. Und das dauert bis heute an. Wir haben bis dato über 25.000 Anträge für die Stadt Bremen bearbeitet und Bewilligungen von insgesamt 322 Millionen Euro zur Verfügung gestellt.
Kai Sander: Außerdem war es eine große Herausforderung für uns als Bank, die coronabedingten Einschränkungen in der Arbeit zu berücksichtigen. Wir konnten ja selbst nicht mit voller Stärke in den Büros arbeiten, mussten die Mitarbeitenden schnell in die mobile Arbeit bringen. Auch die technische Anbindung für die Bearbeitung der Programme musste geschaffen werden. Die Corona-Pandemie hat uns auch in der Digitalisierung unserer Arbeit vorangebracht.
Ralf Stapp: So haben wir beispielsweise alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schnell mit Notebooks ausgerüstet. Von „100 Prozent analog“ sind wir ganz schnell bei „100 Prozent digital“ gelandet, was die Ausstattung anbelangt. Darüber hinaus hatten wir einen internen Corona Krisenstab, in dem wir alle notwendigen internen Pandemie-Maßnahmen abgestimmt haben, um bestmöglich durch die Corona-Krise zu kommen.
Welche Erfahrungen haben Sie bei Bearbeitung der Corona-Hilfsprogramme gemacht? Da musste es ja sehr schnell gehen mit der Auszahlung finanzieller Unterstützungen.
Ralf Stapp: Schnelligkeit ist das A und O in solchen Krisen. Und dabei durften wir die Genauigkeit nicht vernachlässigen. Das haben wir gelernt und uns auch personell entsprechend verstärkt. Bei der aktuellen Überbrückungshilfe 3 sind wir mittlerweile Stand heute an Platz 2 der schnellsten Bewilligungsstellen. Nordrhein-Westfalen ist 94 Prozent knapp vor uns mit 92 Prozent. Der Bundesdurchschnitt liegt bei 86 Prozent. Das zeigt, dass wir gelernt haben, Prozesse so aufzustellen und Prioritäten so zu setzen, dass wir die Unternehmen sehr schnell erreichen.
Kai Sander: Wir haben das als Teamleistung der BAB wirklich sehr gut hinbekommen. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben mit viel Einsatzbereitschaft gearbeitet, auch an Wochenenden und an Feiertagen. Das zeigt, dass hier alle unbedingt helfen wollten und hoch motiviert dabei sind.
Die Corona-Hilfsprogramme haben viele Kapazitäten bei Ihnen gebunden. Wie lief es denn außerhalb der Corona-Themen, also in Ihrem normalen Geschäft als Förderbank?
Kai Sander: Abseits der Corona-Hilfen gab es insgesamt ein hohes Interesse an unseren Angeboten. Da das normale Wirtschaftsleben in vielen Bereichen unterbrochen war, gab es einen starken Liquiditätsbedarf bei vielen Unternehmen. Wir haben daher deutlich mehr Kreditanträge als im Vorjahr erhalten und insgesamt 65,4 Millionen Euro bewilligt. Wir stellen Unternehmen auch Beteiligungskapital über offene oder stille Beteiligungen zur Verfügung. Auch in diesem Feld gab es eine hohe Nachfrage. Für das laufende Jahr sehen wir aufgrund der schon vorhandenen Anträge eine weiter steigende Nachfrage nach Krediten und Beteiligungskapital.
Ralf Stapp: Es ist tatsächlich erfreulich, dass wir es trotz der Corona-Hilfsprogramme geschafft haben, auch in unseren anderen Geschäftsfeldern unseren Beitrag zu leisten. Bei den Zuschussförderprogrammen konnten wir immerhin mehr als 8 Millionen Euro nur für Zuschüsse zur Verfügung stellen und Innovationen und Wirtschaftswachstum begleiten. Viel zu tun war auch bei der Gründungsförderung in unserem Segment „Starthaus“. Hier fanden trotz der Corona-Pandemie fast 1.800 Beratungsgespräche mit Gründungsinteressierten statt und es gab 50 Veranstaltungen, viele davon auf digitalem Wege, mit fast 1.000 Teilnehmenden. Außerdem sind wir als BAB ja auch für die Wohnraumförderung im Land Bremen zuständig. Dazu muss man sagen: Corona hat die Modernisierung von Wohnraum beflügelt. Wir konnten erstmalig in einem Jahr mehr als 170 Einzelgespräche zu Sanierungsmöglichkeiten führen und bisher 450 Wohneinheiten beratend begleiten. Wir haben bis zum 31. Dezember 2020 insgesamt 73,3 Millionen Euro für Wohnraumförderung in fast 1.200 neue bezahlbare Mietwohnungen investiert. Außerdem konnten mit unserer Hilfe rund 1.500 energetische Sanierungen im Wohngebäudebereich angeschoben werden, bei denen im Schnitt eine CO2-Minderung von 20 Prozent erzielt wurde.
Wo sehen Sie die Schwerpunkte für Ihre weitere Arbeit? Wird Corona 2021 wieder ein Thema sein, dass Sie stark beschäftigt?
Ralf Stapp: Bis Ende September sind wir noch mit der Antragsstellung der aktuellen Corona-Hilfen beschäftigt. Dann kommt die Nachbearbeitung, das wird vom Bund so gefordert. Wir sind angehalten, die Anträge schlussabzurechnen. Das wird uns noch die nächsten Jahre beschäftigten. Wir schauen die Anträge somit noch einmal an und prüfen im Nachhinein, ob zu viel oder zu wenig beantragt wurde.
Kai Sander: Es ist immer eine Herausforderung, bei den ganzen Sonderprogrammen das eigentliche Ziel nicht aus den Augen zu verlieren. Aber wir haben einige Zukunftsthemen gut auf den Weg gebracht und arbeiten in diesem Jahr weiter daran. Das eine ist die Einführung der E-Akte in diesem Jahr. Das andere ist ein Mobilitätskonzept für die BAB, mit dem wir bereits in der Umsetzung sind. Denn wir wollen die Themen Umweltschutz und Klimaschutz bei uns zu verstetigen.
Ralf Stapp: Dabei ist der größte Hebel bei uns das mobile Arbeiten. Wir haben interne Untersuchungen angestellt und kommen vor der Corona-Pandemie tatsächlich auf 375.000 Kilometer pro Jahr, die nur für Dienstwege von zuhause ins Büro und zurück zurückgelegt wurden. Die beste Möglichkeit, CO2 zu reduzieren und etwas für den Umweltschutz zu tun, ist, den Anlass zum Pendeln zu reduzieren. Deshalb bleibt mobiles Arbeiten fester Bestandteil unserer Arbeitswelt. Generell ermutigen wir unsere Beschäftigten dazu, mit dem Rad zur Arbeit zu kommen. Wir haben seit unserem Umzug in den Domshof 14/15 deshalb eine Tiefgarage unter unserem Gebäude, die nur noch für Fahrräder und Elektro-Kleinmobilität zur Verfügung steht, aber nicht mehr für Autos.
In der operativen Arbeit stehen in diesem Jahr ansonsten auch viele spannende Themen an. Beispielsweise im Starthaus, dort haben wir den stärkeren Fokus auf das Thema Frauenförderung gelegt und bauen es weiter aus. Wir haben schon jetzt einen Anteil von über 50 Prozent Frauen in der Gründungsberatung. Das ist sehr positiv. Wir halten im Starthaus ein eigenes Team vor, das sich auf die Bedürfnisse der Frauen besonders konzentriert und bieten hier auch ein ganzheitliches Angebot für Start-ups an.
Kai Sander: Und wir werden natürlich weiter mit unseren Förderprogrammen und Beratungsangeboten Impulse für die Wirtschaft und den Wohnungsbau im Land Bremen setzen. Kürzlich ging zum Beispiel durch die Presse, dass die sogenannten GRW-Mittel erhöht wurden. Daraus speisen wir einen Teil unserer Förderprogramme. Die Mittel kommen vom Bund, werden vom Land gedoppelt, dann kommt am Ende eine ordentliche Förderung für die Unternehmen dabei heraus. Wir können diese Investitionskredite in Bremen sogar mit einem Null-Prozent-Zins versehen. Natürlich immer unter der Voraussetzung, dass Arbeitsplätze geschaffen werden und dass investiert wird. Das zeigt, wie wichtig es ist, Förderbanken zu haben. Auch außerhalb der Corona-Krise.
Vielen Dank für das Gespräch!
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